Projekt Strafgefangene

Projektkonzept:

Wir treten – bewusst oder unbewusst – mit unserem Umfeld in Kontakt und werden damit Teil einer Gesellschaft. Durch die Art und Weise, wie wir unsere Umwelt benutzen und uns in ihr bewegen, manifestieren sich wesentliche Bereiche unserer zwischenmenschlichen Beziehungen, werden Gewohnheiten geprägt und Rollenzuschreibungen fixiert.

VerSUCHungEN will Momente persönlicher Grenzüberschreitungen untersuchen und im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen hinterfragen. Dabei soll jener Augenblick ausgelotet werden, in dem eine innere Sinn-Suche Suchttendenzen zu entwickeln beginnt und in weiterer Folge Versuchungen locken, die jenseits persönlicher Bedürfnisse und gesellschaftlicher Normen stehen.

Ausgangspunkt der Arbeit ist die These, dass Menschen sich bei selbst bestimmten Aktivitäten am Wohlsten fühlen. Selbst(er)leben ist ein unverzichtbarer Baustein für die eigene persönliche Entwicklung, für ein gesundes und verankertes Selbstbewusstsein, für den befreiten und selbst bestimmten Umgang mit Versuchungen. Doch wie können sich junge Menschen diesem Erleben nähern? Wollen sie das überhaupt? Wer oder was hindert, blockiert oder verbietet Selbstbestimmung? Sind innere oder äußere Faktoren Triebfeder für Handlungen, Versuchungen?

Das Kurzfilmprojekt VerSUCHungEN bietet jungen Inhaftierten der Justizanstalt Favoriten die Möglichkeit, persönliche und gesellschaftliche Rollenzuschreibungen zu hinterfragen, neu zu definieren und VerSUCHungEN vielschichtig zu untersuchen. Mittels Biografischer Theater-/Arbeit wird die reiche Erfahrungslandschaft der eigenen Persönlichkeit in Form konkretisierter, filmischer Interventionen in den öffentlichen Theaterraum (Theater an der Wien) getragen. Die Kurzfilme werden im November 2008 dort im Rahmen des Musikvermittlungsprojektes für Mittelschüler „Oper zum Anfassen“ von Dietmar Flosdorf zu sehen sein. Es ist geplant, dass die jungen Inhaftierten im Rahmen eines Sonderausgangs eine Vorstellung besuchen können. (Beate Göbel)

Umsetzung:

Von August bis Mitte September 2008 sollen die Dreharbeiten in der Justizanstalt stattfinden. Während dieser Zeit haben die jungen Inhaftierten die Möglichkeit aktiv filmische Umsetzungsvorschläge einzubringen. Ein durchstrukturierter Proben- und Drehplan soll einerseits in die Tiefe des Themas einführen und andererseits Einblick in die Arbeit am Set vermitteln.
Eine musikalische und inhaltliche Einführung in die Oper „The Rake´s Progress“ von Igor Strawinsky durch Musik zum Anfassen wird am Beginn des Projektes durchgeführt und schafft eine Vermittlungsbrücke zur Inszenierung am Theater an der Wien.

Ergebnisse:

VerSUCHungEN
Kurzfilme von und mit Klienten der Drogentherapiestation “Schweizer Haus Hadersdorf”
und ehemaligen Insassen der Justizanstalt Favoriten

Künstlerische Gesamtleitung: Beate Göbel
ein Projekt von Verein Impulsein
im Auftrag von “Oper zum Anfassen”

VerSUCHungEN 1 = Leben nach Lustprinzip

Leben nach Lustprinzip orientiert sich an der Biografie von Chaoskanzler, der 2007 zum Zeitpunkt der Arbeit an der CD: Rappers in Prison wegen Drogenschmuggels in Wien inhaftiert war Er selbst verfasste den Text für das Lied Ich habe Lust, das er, gemeinsam mit dem österreichischen Rapper Furious Steez, während eines bewachten Sonderausganges im August 2007 im Tonstudio aufnehmen konnte. Heute ist Chaoskanzler wieder in Freiheit.
Seine autobiografischen Bilder wurden bewusst vermischt mit jenen des Fotografen und des Rappers aufbereitet, um auf die Austauschbarkeit von Spuren, die das Leben in jedem/r Einzelnen hinterlässt und soll zum diskursiven Nachdenken über das `Leben nach Lustprinzip` anregen.

Musik: R.I.P. – Rappers in Prison
Text: Chaoskanzler

Produktion: Verein Impulsein
Regie: Beate Göbel / Laurent Ziegler
Photographie / Schnitt: Laurent Ziegler
Motion Graphics: Valence

Dank an Laszlo Vancsa


VerSUCHungEN 2 = Leben in starken Gewohnheiten

In Leben in starken Gewohnheiten verkörpert Fresh den jungen Rake, den Protagonisten der Oper. Der Film befasst sich mit der Sogkraft unserer Gewohnheitsmuster. Dabei wird von der These ausgegangen, dass Transformationen zwar durch Unterstützung unserer Umwelt leichter durchgeführt werden können, der Anstoß für Veränderung jedoch immer in der Tiefe unserer Selbst liegt.

Produktion: Verein Impulsein
Regie: Beate Göbel / Lucas Czjzek
Photographie: Laurent Ziegler, Chris Zvitkovits
Schnitt: Lucas Czjzek

in Zusammenarbeit mit Fresh


VerSUCHungEN 3 = Leben verändern wollen

In Leben verändern wollen fassen KlientInnen der Drogentherapiestation Schweizer Haus Hadersdorf Wien Möglichkeiten zur Transformation zusammen. In einem Workshop setzten sich die TeilnehmerInnen zunächst mit den Inhalten der Oper „The Rake`s Progress“ (I.Stravinski) auseinander. Anschließend berichteten sie von ihren Erfahrungen, ihren Erlebnissen, ihren Abhängigkeiten und suchten in einem intensiven Austausch nach Ansätzen für Veränderungen. Die zentralen Statements wurden zusammengefasst und möchten zu Reflexion und Dialog einladen.

Text: TeilnehmerInnen Workshop Schweizer Haus Hadersdorf

Produktion: Verein Impulsein
Regie: Beate Göbel
Animation / Schnitt: Helmut Prochart
Assistenz: Yvonne Czermak

in Zusammenarbeit mit Therapie statt Strafe, Schweizer Haus Hadersdorf
Die TeilnehmerInnen waren zu diesem Zeitpunkt Patienten des SHH, einige von ihnen mit richterlicher Weisung (§ 39 SMG Therapie statt Strafe)


Alle Filme sind auf der Webseite:
wir_hier – Kunst unter Strafe bereitgestellt

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